Frauen und Bluthochdruck: unterschätztes Risiko

Zu hoher Blutdruck galt, wie Herzinfarkt, als typisch „männlich“. Ein großer Irrtum, wie eine Studie zeigt: Frauen sind deutlich gefährdeter.

Junge Frau schaut in die Kamera: Bluthochdruck ist ein zunehmendes Problem bei Frauen. Nicht nur nach den Wechseljahren, sondern zunehmend auch davor.Könnte die Patientin etwa einen zu hohen Blutdruck haben? Das wurde bis vorkurzem oftmals gar nicht in Erwägung gezogen – und so zu spät erkannt. Dabei sind Frauen mit steigendem Alter sogar wesentlich stärker gefährdet als Männer.

Frauen häufiger betroffen

Laut Dr. Ute Seeland vom Institut für Geschlechterforschung in der Medizin an der Berliner Charité wird Bluthochdruck ab 65 Jahren häufiger bei Frauen diagnostiziert als bei Männern. „Mittlerweile sind sogar einige Risikofaktoren bekannt, die als typisch weiblich gelten müssen“. So steigt das Risiko auf das Zwei- bis Dreifache an, wenn mit der Pille verhütet wird und zusätzlich Übergewicht als Risikofaktor dazu kommt. Auch zu hohe Blutdruckwerte in der Schwangerschaft erhöhen die Wahrscheinlichkeit, binnen zehn Jahren eine Hypertonie zu entwickeln. „Die Betroffenen müssen dringend als Risikogruppe wahrgenommen werden“, fordert Dr. Seeland. Dazu sind unter anderem gezielte Aufklärungskampagnen und Untersuchungen zur Einschätzung des Herz-Kreislauf-Risikos erforderlich. „Die bisherige Aufklärungsarbeit, etwa zum Rauchen, war vor allem auf Männer abgestimmt“.

Östrogenschutz nicht zu hoch bewerten

Ein Grund dafür, dass Frauen lange Zeit als Zielgruppe vernachlässigt wurden, ist der durch weibliche Östrogene vermittelte Schutz der Gefäße. In mittleren Jahren erkranken Frauen daher tatsächlich seltener an Bluthochdruck als Männer. Die hormonelle Schutzwirkung darf aber nicht überschätzt werden, mahnt Dr. Seeland. „77 Prozent der Patientinnen mit Hochdruck haben die Menopause bereits hinter sich. Das bedeutet allerdings zugleich, dass 23 Prozent noch davor betroffen sind“. Zu diesen Resultaten kam die Berliner BEFRI-Studie. Darin haben Dr. Seeland und ihr Team über tausend Berlinerinnen zwischen 25 und 75 Jahren befragt und untersucht.

Blick auf Gefäßgesundheit und Lebensqualität

In der Studie zeigte sich auch, dass 45 Prozent der weiblichen Allgemeinbevölkerung Störungen der Gefäßfunktion und/oder eine erhöhte Steifigkeit der Gefäßwände haben. Solche Veränderungen können dem Bluthochdruck um Jahre vorausgehen und bleiben oft unentdeckt. „Allerdings können sie oft noch rückgängig gemacht werden“, so Dr. Seeland: etwa durch einen Rauchstopp, ausreichend Bewegung und Abbau von Übergewicht. Neben der Gefäßgesundheit sollte auch die Lebensqualität stärker in den Fokus rücken. Denn bekanntlich leben Frauen länger als Männer. So ist die Phase der Folgekrankheiten auf die Lebenszeit gesehen ebenso meistens länger. “Einschränkungen der Lebensqualität sind deshalb mehr zu berücksichtigen“.

*Seeland U. et al. Cardiovascular risk factor distribution and subjective risk estimation in urban women–the BEFRI study: a randomized cross-sectional study. BMC Med. 2015 Mar 16;13:52.
Foto: © Yurok Aleksandrovich / fotolia.com
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