Bauchhirn an Kopfhirn – bitte kommen!

Wie kommunizieren Bauchhirn und Gehirn im Kopf eigentlich miteinander? Auf diese Frage hat die Forschung bereits erste spannende Antworten gefunden.

Cartoon: Gehirn und Bauchhirn telefonieren miteinander Zwischen dem enterischen Nervensystem in unserem Darm, dem ENS, und dem Kopfhirn existiert ein direkter Draht: die sogenannte Darm-Hirn-Achse. Sie steht derzeit am meisten im Fokus der Neurogastroenterologen – jener Wissenschaftler, die sich mit allem rund um das Bauchhirn befassen. Wie diese herausgefunden haben, kann man sich die Achse zwischen Darm und Hirn wie eine große Autobahn vorstellen. Auf dieser sind ständig verschiedene Fahrzeuge unterwegs, die bestimmte Nachrichten im Kofferraum haben und hin und her transportieren.

Vagus-Nerv: das rote Telefon

Die wichtigste Komponente der Darm-Hirn-Achse ist der Vagus-Nerv – der zehnte Hirnnerv und der größte Nerv des Parasympathikus. Er verläuft weit verzweigt in unserem Körper. Diesem großen Verbreitungsgebiet hat er auch seinen Namen zu verdanken: Vagus leitet sich von ab von vagari, umherschweifen. Über den umherschweifenden Nerv sind unser Bauch und unser Kopf direkt miteinander verschaltet. Er ist damit gewissermaßen so etwas wie das rote Telefon eines Regierungschefs. Bei diesem Informationskanal handelt es sich übrigens nicht um einen einzigen Nervenstrang. Sondern der Vagus-Nerv ist ein Zusammenschluss von zahlreichen einzelnen Nervenfasern. Sie alle sind die Überbringer der Nachrichten aus dem Bauchhirn in das Kopfhirn.

Kaum Gegenverkehr

Inzwischen weiß man auch, dass weitaus mehr Informationen vom Bauchraum an das Gehirn im Kopf übermittelt werden als umgekehrt: 90 Prozent der permanent über die Darm-Hirn-Achse transportierten Nachrichten haben den Absender Bauchhirn. Nur zehn Prozent der gesamten Mitteilungen werden dagegen vom Kopfhirn aus versendet. Es gibt also auf der Datenautobahn kaum Gegenverkehr für die Berichterstatter aus dem Bauch. Das lässt sich auch anatomisch erkennen. Denn vom Gehirn im Kopf aus verlaufen deutlich weniger Nervenfasern gen Bauch als es anders herum der Fall ist. Angesichts des Ungleichgewichts im Datenfluss geht man heute davon aus, dass das Gehirn die Darmfunktionen in erheblich geringerem Maße beeinflusst, als es umgekehrt vom Bauchhirn aus geschieht.

Kopf- und Bauchhirn sehr ähnlich

Neben Nerven sind auch diverse Botenstoffe für die rege Kommunikation zwischen Bauch und Kopf zuständig: Stresshormone, Neurotransmitter wie Serotonin und Dopamin und andere kurven ebenfalls mit entlang der Datenautobahn. Dass das klappt und dass sich alle überhaupt gegenseitig verstehen können, liegt daran, dass die Informanten identisch sind: Dieselben Botenstoffe und Hormone wie im Gehirn strömen auch durch den Darm. Auch die Rezeptoren an den Zellen, welche die Informationen in Empfang nehmen, sind im Bauchhirn wie im Kopfhirn die genau gleichen. Die beiden Gehirne in Gehirn und Darm sind sich also sehr ähnlich. Dass sie die gleichen Botenstoffe und Rezeptoren nutzen, zeigt sich auch daran, dass einige Medikamente sowohl das Kopf- als auch das Bauchhirn beeinflussen. So steigern zum Beispiel Medikamente, die den Serotoninspiegel und damit die Stimmung heben, zugleich die Peristaltik, die Darmbewegungen.

Foto: © wowow / www.fotolia.com

Mein Buch zum Thema, erschienen 2018 im Gräfe und Unzer Verlag!

Infos zum Buch unter: http://www.gu.de/buecher/bewusst-gesund-leben/gesunde-ernaehrung-abnehmen/1415060-faszination-darm/

 

 

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