Wie das Schmerzgedächtnis entsteht

Unser Gehirn merkt sich bekanntlich enorm viel: Positives wie Unangenehmes. So kann sich das Schmerzgedächtnis entwickeln – ein fataler Lernprozess.

Das Schmerzgedächtnis ist ein faszinierendes Lehrstück.

Lange wurde gerätselt, wie es zu chronischen Schmerzen kommen kann, die anhalten, obwohl gar kein Auslöser vorhanden ist. Inzwischen hat die Forschung hier große Fortschritte zu verzeichnen. So hat sie nachgewiesen, dass starke und länger andauernde Schmerzreize aus den Geweben des Körpers direkt auf das Nervensystem einwirken: Sie machen die Nervenzellen von Rückenmark und Gehirn sensibler für nachfolgende Schmerzreize. Die Folge dessen ist, dass nun selbst schwache Reize wie eine leichte Berührung, mäßige Hitze oder Druck plötzlich als starker Schmerz empfunden werden. Damit ist der erste Schritt zum Schmerzgedächtnis getan.

Domino-Effekt im Nervensystem

Die Sensibilisierung, also die Steigerung der Empfindlichkeit für Reize, findet nicht nur in den Nervenzellen der Gewebe wie Organen, Gelenken und Muskeln statt. Wie es für einen Domino-Effekt charakteristisch ist, setzt sich das Ganze fort. Nämlich mitten ins Rückenmark und ins Gehirn – den zentralen Kommandostationen im Nervensystem. Hier kann sich die Empfindlichkeit des Schmerzsystems ungehindert immer weiter aufschaukeln. Dann kommt es vor, dass die überempfindlichen Nervenzellen Schmerzsignale vom Rückenmark ans Gehirn leiten, ohne überhaupt welche empfangen zu haben. Sie lösen also im wahrsten Wortsinn blinden Alarm aus. Der jedoch verheerende Folgen hat: Was als akuter Schmerz begann, ist nun ein chronischer Schmerz.

Diese unerwünschten Lernvorgänge heißen treffend „Schmerzgedächtnis“. Denn die Schmerzempfindungen bleiben auch dann bestehen, wenn deren eigentlichen Ursachen längst beseitigt sind. Gelernt ist eben gelernt …

Schmerzgedächtnis nicht bei jedem

Interessant ist, dass manche Menschen kein Schmerzgedächtnis entwickeln. Die Gründe dafür sind derzeit Gegenstand intensiver Forschungen. Neben einer genetischen Veranlagung stehen inzwischen psychische Faktoren im Fokus dessen, ob und wie stark sich chronische Schmerzen ausbilden. So ist bekannt, dass Menschen mit psychischen Erkrankungen wie Depressionen oder Ängsten stärker gefährdet sind als psychisch gesunde Personen. Auch soziale Eckdaten wie das familiäre Umfeld und der Beruf spielen eine wichtige Rolle.

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