Die Geschmäcker sind ja wie bekannt verschieden. Doch eines haben viele moderne Zungen inzwischen gemeinsam: Sie haben die Bitterstoffe vergessen.
Dank der Forschung wissen wir, dass der Mensch fünf Geschmacksrichtungen unterscheiden kann: Süßes, Saures, Salziges, Würziges – und Bitteres. Leider kommt die zuletzt genannte Note heutzutage viel zu kurz. Und das zu einem traurigen Preis. Denn wie ein Muskel, den wir nie benutzen, bilden sich auch Geschmacksrezeptoren zurück, wenn sie nichts zu tun haben. Dabei sind Bitterstoffe essenzieller Bestandteil einer abwechslungsreichen und gesunden Ernährung. Doch wo finden wir diese Stoffe heute noch? Und warum sind bittere Lebensmittel überhaupt so rar geworden? Werfen wir einen Blick in die Vergangenheit.
Wie wir das bitter schmecken verlernten
Die Industrialisierung hat uns einen großen Wohlstandsschub verpasst. Doch mit dem Wunsch nach mehr Effizienz kam die Pflanzenzucht einher. Die Landwirtschaft veränderte mittels gezielter Züchtung die Nutzpflanzen, um sie ertragreicher zu machen. Und um den neuen Bedürfnissen ihrer Konsumenten gerecht zu werden. Dazu gehörte eine gesteigerte Vorliebe für die milde, süße Geschmacksrichtung. Die Bitterstoffe mussten weichen.
Nachgewiesenermaßen enthalten die ursprünglichen Sorten von Gemüse, Obst und Salat mehr Bitterstoffe als die modernen, die wir heutzutage im Supermarkt bekommen. Ihre Großeltern erinnern sich vielleicht noch daran, dass die Grapefruits früher deutlich bitterer geschmeckt haben. Die Bitterstoffe, die im Mittelalter eine große Rolle spielten, sind im gängigen Frischesortiment kaum noch zu finden.
Süßes und Bitteres hat unser Überleben gesichert
Die süße Leidenschaft, die uns heute gesundheitliche Probleme bereitet, kommt nicht von ungefähr. Unsere Vorfahren wussten nicht, woraus Essbares besteht, und so lernten sie, auf ihre Zunge zu hören. Ein süßer Geschmack hat ihnen angezeigt, dass es sich um Kohlenhydrate und damit schnell verfügbare Energie handelt. Bitteres wiederum warnte beispielsweise vor unreifen Früchten oder gar Unverträglichem.
Doch Bitterstoffe besitzen viele positive Eigenschaften, die wir uns heutzutage ganz ohne Risiko zunutze machen können. Der erfrischende Geschmack bildet einen schönen Ausgleich zu der Süße, die im Alltag nur allzu leicht verfügbar ist. Er regt die vernachlässigten Geschmacksrezeptoren an – übrigens nicht nur auf der Zunge! Forscher fanden heraus, dass wir selbst in der Haut Nerven besitzen, die auf Bitterstoffe positiv reagieren. So finden wir die belebende Note sogar in der Kosmetik.
Welche Lebensmittel enthalten Bitterstoffe?
Die gute Nachricht: Sie sind noch nicht ganz verschwunden. Bitterstoffe erleben im Moment sogar ein kleines Comeback. Den unverfälschten herben Geschmack finden Sie am ehesten in wild wachsenden Kräutern am Wegesrand, aber auch einige Sorten Gemüse enthalten noch viele Bitterstoffe.
- Radicchio
- Ingwer
- Artischocke
- Hopfen
- Majoran
- Oregano
- Baldrian
- Löwenzahn
- Beifuß
- Wegwarte
- Engelwurz
Leider sind jede Menge Obstsorten, darunter Grapefruit und Limette, nicht mehr so bitter wie früher. Doch zum Herantasten und Ausprobieren eignen sie sich trotzdem. Auch einige Sorten Chicorée, Radieschen und Rucola sind noch spürbar herb. Versuchen Sie es doch einmal mit einem ganz neuen Salatrezept.
Wer den Schritt wagt und seiner Ernährung Bitterstoffe hinzufügen möchte, wird feststellen, dass damit ganz automatisch Gemüse, Kräuter und Salat ihren Einzug halten. Und die sind Teil eines ausgewogenen Essensplans. Naschen Sie anstelle des Joghurts mit künstlichem Fruchtgeschmack doch ein wenig Radicchiosalat mit Nüssen, etwas Orange und gutem Pflanzenöl – und lassen Sie die Geschmacksrezeptoren auf Ihrer Zunge vor Freude tanzen!
Übrigens: Bitterstoffe waren im Mittelalter ein absolutes Must-have – so auch in den ganzheitlichen Ernährungslehren der Hildegard von Bingen. Ihren großen Wissensschatz rund um die Natur wandeln die Hildegard-Spezialisten von Gutsmiedl in sanfte und schmackhafte Rezepturen um, die an die heutigen Bedürfnisse anknüpfen https://hildegard-spezialist.de.