Unsere Darm-Gelenk-Achse

Nicht nur zum Gehirn hat der Darm einen direkten Draht, sondern auch zu allen Gelenken des Körpers: die erstaunliche Darm-Gelenk-Achse.

Auch die Darm-Gelenk-Achse macht uns mobil.

Neben der Darm-Hirn-Achse gibt es auch eine Darm-Gelenk-Achse, also eine Verbindung von Darm und Gelenken. Diese ist bereits länger bekannt. Ärzte beobachten immer wieder, dass es bei einer Darminfektion häufig auch zu einer Gelenkentzündung kommt. Umgekehrt leiden Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa nicht selten unter Gelenkbeschwerden. Darüber, worin diese Verbindung besteht, haben Erlanger Forscher in den letzten Jahren neue Erkenntnisse gewonnen.

Barrierestörungen im Darm

So konnten sie zeigen, dass Rheumapatienten häufig eine Barrierestörung im Darm haben. Dadurch geraten die Darmbakterien mit dem Immunsystem in Kontakt. Die Folge dessen ist eine Entzündungsreaktion, die auch auf die Gelenke übergreift. Warum? Weil Immunzellen aus dem Darm in das Gelenk einwandern und dort die rheumatische Entzündung fördern können.

Die undichte Stelle im Darm, also dort wo die Barriere gestört ist, könnte zwischen den einzelnen Schleimhautzellen liegen. Sie sind normalerweise durch sogenannte tight junctions fest miteinander verkittet. Diese „Klebe“ kann durch ein Protein namens Zonulin gelöst werden, das von den Darmzellen selbst gebildet wird. Die Wissenschaftler konnten jüngst zeigen, dass bei Rheumapatienten vermehrt Zonulin im Darm gebildet wird. Das könnte langfristig zu einer neuen Behandlung führen. In klinischen Studien wird derzeit ein Wirkstoff getestet, der Zonulin blockiert: Larazotid, das ersten Ergebnissen zufolge rheumatische Gelenkbeschwerden lindern kann*.

Darm-Gelenk-Achse durch Ernährung stärken

Eine weitere Behandlungsmöglichkeit könnte wie so oft in der Ernährungsweise bestehen. Frühere Untersuchungen haben gezeigt, dass Darmbakterien antientzündliche Substanzen bilden: kurzkettige Fettsäuren wie Essigsäure, Propionsäure und Buttersäure, die über die Schleimhaut ins Blut gelangen. Diese können überall im Körper Entzündungen lindern. Die Darmbakterien bilden die kurzkettigen Fettsäuren jedoch nur, wenn genügend Pflanzenfasern – also Ballaststoffe – in der Nahrung enthalten sind. Werden diese vermehrt zugeführt, kommt es im Blut zu einem Anstieg der kurzkettigen Fettsäuren. Und in den Stuhlproben können vermehrt die Darmbakterien nachgewiesen werden, welche die kurzkettigen Fettsäuren produzieren **.

*Narges Tajik et al. Targeting zonulin and intestinal epithelial barrier function to prevent onset of arthritis. Nature Communications 2020; 11(1):1995. DOI: 10.1038/s41467-020-15831-7. https://www.nature.com/articles/s41467-020-15831-7
**Kerstin Dürholz et al. Dietary Short-Term Fiber Interventions in Arthritis Patients Increase Systemic SCFA Levels and Regulate Inflammation. Nutrients 2020; 12(10):3207. DOI: 10.3390/nu12103207. https://www.mdpi.com/2072-6643/12/10/3207

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh)

Foto: © Patrizia Tilly / www.fotolia.com
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