Placebo-Effekt auch bei Rückenschmerzen

Bringen Präparate ohne medizinischen Wirkstoff eine Besserung der Beschwerden, spricht man von Placebo-Effekt. Von ihm profitieren auch Patienten mit Rückenschmerzen.

Der Placebo-Effekt kann in der Schmerztherapie helfen.

Placebos sind Scheinmedikamente, denn sie enthalten keinen medizinischen Wirkstoff. Dennoch zeigen sie oftmals eine heilende Wirkung. Ein Phänomen, das die Medizin als Placebo-Effekt bezeichnet. Diesen gibt es auch bei chronischen Rückenschmerzen, wie eine Studie der Universitätsmedizin Essen zeigt. Denn die Patienten profitieren deutlich von einer Therapie mit Placebos: Die Schmerzen waren gelindert, zudem fühlten sie sich „fitter“ und weniger depressiv*.

Placebo-Effekt so wirksam wie NSAR

Nicht-steroidale Antirheumatika, kurz NSAR, sind die am häufigsten verordneten Medikamente in der Schmerztherapie – auch gegen chronische Rückenschmerzen. Der schmerzlindernde Effekt der Placebos in der Essener Studie war in etwa so hoch wie der eines solchen NSAR. Der Placebo-Effekt sollte deshalb künftig in bestehende Behandlungskonzepte eingebunden werden, empfehlen die Wissenschaftler aus Essen.

Die Patienten, die mindestens zwölf Wochen lang unter Rückenschmerzen litten, wurden in zwei Gruppen unterteilt. Die eine Gruppe erhielt die gleiche Behandlung wie zuvor, die zweite zusätzlich 21 Tage lang zweimal täglich ein Scheinmedikament. Die Wissenschaftler untersuchten zum einen die von den Patienten berichteten Behandlungserfahrungen wie Schmerzlinderung und funktionelle Beeinträchtigung im Alltag. Zum anderen erfassten sie objektive Kriterien wie die Beweglichkeit der Wirbelsäule im Hinblick auf Bewegungsausmaß und -geschwindigkeit, die mit Sensoren auf der Wirbelsäule gemessen wurden. Die Schmerzintensität stellte als subjektiver Parameter den primären Endpunkt dar, weitere Endpunkte waren schmerzbedingte Einschränkung, Depression, Angst und Stress, die mittels standardisierter Fragebögen erhoben wurden. Die Gruppe, die mit Placebos behandelt worden war, hatte am Ende der Studie eine signifikant stärkere Abnahme der Schmerzintensität, fühlte sich funktionell weniger eingeschränkt und weniger depressiv.

Patienten wussten, dass sie Placebos nehmen

Hochspannend ist, dass die Studienteilnehmer vorab darüber informiert waren, dass es sich um Placebos handelt. Dennoch erzielten die völlig wirkstofffreien Kapseln einen solch guten Effekt. Wie ist das zu erklären? Die Mechanismen hinter dem Placebo-Effekt sind derzeit noch nicht ausreichend geklärt und verstanden. Eine Möglichkeit ist, dass die Patienten unbewusste positive Erwartungen im Hinblick auf das Placebo entwickelt haben. Bei chronischen Schmerzerkrankungen spielt die Psyche bekanntlich eine wichtige Rolle.

* Bingel U. et al. Effects of open-label placebo on pain, functional disability, and spine mobility in patients with chronic back pain: a randomized controlled trial. Pain 2019; 160 (12): 2891-2897. doi: 10.1097/j.pain.0000000000001683.
Foto: © Thomas Söllner / fotolia.com
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