Spezielle Wächter-Proteine in unseren Darmzellen erkennen schädliche Eindringlinge und schlagen Alarm. So schützen sie sich beispielsweise vor Erregern der Ruhr.
Bemerkt ein Nachtwächter ein zerbrochenes Fenster oder eine aufgehebelte Haustür, ruft er sofort die Polizei – auch wenn er den Einbrecher selbst gar nicht gesehen hat. Bereits nur die Spuren des Einbruchs reichen aus, um Alarmbereitschaft auszulösen. Darmzellen reagieren auf Eindringlinge nach dem gleichen Prinzip. Das haben Forscher an der Universität Hohenheim nun entdeckt.
Die Alarmanlage der Darmzellen
In jeder Zelle unseres Darms gibt es aufmerksame Wächter: Proteine, also Eiweiße, die „Einbruchspuren“ von Krankheitserregern erkennen und daraufhin Alarm auslösen. Wissenschaftlich gesehen handelt es sich bei diesen Wächtern um Rezeptoren in der Zelle, die sogenannten NOD1-Proteine. Über sie war bereits bekannt, dass sie eindringende Bakterien an ihrer Oberflächenstruktur erkennen können. Die Wissenschaftler aus Hohenheim entdeckten nun eine zweite Fähigkeit der Wächter-Proteine: Sie bemerken die Veränderungen, die zum Beispiel die Erreger der Durchfallerkrankung Ruhr in der Zelle auslösen. Denn dringen diese in die Darmzellen ein, verursachen sie Schäden an deren Struktur – wie Einbrecher an Türen oder Fenstern.
Beweismittel Zellgewebe
Dass die Wächter so effektiv sind, hat einen Grund: Wenn Ruhr-Erreger in die Darmzellen eindringen, produzieren sie eigene Proteine, um sich in der Zelle einzurichten. Dadurch verändern sie das sogenannte Zytoskelett der Zelle: ein Eiweißgeflecht, das der Zelle ihre Form gibt. In Folge dessen entsteht ein Ungleichgewicht im Zellgewebe. Genau dem kommen die Wächter-Proteine ganz schnell auf die Schliche.
Doppelte Sicherung
Die NOD1-Proteine arbeiten mit doppeltem Boden. Darin unterscheiden sie sich von anderen Eiweißen, die Krankheitserreger erkennen und eine Abwehrreaktion auslösen. Diese identifiziert Eindringlinge allein anhand ihrer körperfremden Oberflächenstrukturen. Doch Bakterien sind clever und verändern ihre Oberfläche einfach mal. Damit gehen sie dem zelleigenen Erkennungsdienst durch die Lappen. Das passiert den Wächter-Proteinen nicht. Denn auch wenn sich die Erreger mit einer neuen Oberfläche tarnen – ihre Spuren im Zellgewebe bleiben gleich. Die spüren diese Proteine sofort auf.
Lebensrettende Grundlagenforschung
Die Erkenntnisse der Hohenheimer Forscher helfen enorm im Kampf gegen eine Krankheit, die jedes Jahr vor allem in Entwicklungsländern Millionen von Todesopfern fordert. Auch andere lebensbedrohliche Infektionskrankheiten könnten anhand dessen wirksamer behandelt werden. Selbst dann, wenn sich die Erreger geschickt durch Veränderungen vor dem Immunsystem tarnen …