Höchste Leistung auf engstem Raum: An unserem Herz zeigt sich vielleicht am besten, dass die Konstruktionsabteilung der Natur unübertroffen ist.
Die Energie und die Dimensionen, mit denen das Herz für sein Lebenswerk arbeitet, stellt alle von Menschenhand entwickelte Technik in den Schatten.
Genialer Motor des Lebens
Nicht nur, dass der Herzmuskel ohne Unterlass und über ein Leben lang in Betrieb ist. Frappierend sind neben seiner – fast – unermüdlichen Energie auch die Größenordnungen, in denen er sich bewegt.
Durchschnittlich 70 Mal pro Minute schlägt das Herz eines Erwachsenen, täglich also rund 100.800 Mal. Daraus resultiert bei einer Lebensdauer von etwa 70 Jahren die beachtliche Zahl von 2,5 Milliarden Herzschlägen! Jedes Mal, wenn sich der Herzmuskel zusammenzieht, befördert er – gesteuert von den herzeigenen Erregungszentren – 70 Milliliter Blut in den Lungen- und den Körperkreislauf. Dabei bewegt er ein Zigfaches seines eigenen Gewichtes von etwa 300 Gramm: Täglich sind es mehr als sieben Tonnen, die er durch das Gefäßsystem schleust. Bei körperlicher und psychischer Belastung kann sich diese Menge sogar verdoppeln.
Welche Kraft der Herzmuskel aufwenden muss, um das Blut in den Kreislauf zu pumpen, veranschaulicht ein Tennisball, den man fest zusammendrückt – das entspricht in etwa der vom Herzen benötigten Muskelkraft. Auch wenn der Körper ruht, arbeiten die Herzmuskeln mit dieser Energie weiter: doppelt so viel, als die Oberschenkelmuskeln während eines Sprints über 100 Meter leisten müssen.
Das Gefäßsystem, durch welches das Blut bewegt wird, ist so weitverzweigt, dass man unseren Planeten zweieinhalb Mal damit umwickeln könnte. Die Aorta, die größte Arterie des Körpers, hat den Durchmesser eines Rosenstils. Die Kapillaren, die kleinsten im Gefäßsystem, sind dagegen ultrafein. Sie ergeben erst zu Zehnerpäckchen gebündelt die Dicke eines menschlichen Haares.
Form follows function
Nicht nur die Leistung, auch die Gestalt des Herzens besticht: durch ein einfaches und funktionales Design. Es verrät nicht auf den ersten Blick, was sich kompakt gebaut in seinem Inneren verbirgt. Hinter dem Herzbeutel befinden sich die Herzwände und deren Unterteilungen, die Septen. Sie gliedern das Herz in vier Bereiche. Diese klare räumliche Trennung verhindert, dass sich sauerstoffarmes und -reiches Blut miteinander vermischen. Jeweils links und rechts findet sich eine Herzkammer, direkt angeschlossen jeweils ein Vorhof. Herzklappen sorgen dafür, dass nicht unversehens Blut in den Körper zurückfließt. Dazu regulieren sie den Blutstrom wie Ventile.
Vollkommen autark
Das Herzmuskelgewebe besitzt die einzigartige Fähigkeit, eigenständig zu arbeiten. Es benötigt keinen Impuls durch die Nerven, wie sonst alle anderen Muskeln im Körper. Vielmehr funktioniert es vollkommen unter eigener Regie. Dafür stehen dem Herz “hauseigene” Erregungszentren zur Verfügung. Dabei handelt es sich um spezialisierte Muskelzellen in der Wand des rechten Vorhofs, so genannte Schrittmacherzellen. Sie senden in ihrer eigenen Frequenz elektrische Impulse aus, die zum Herzschlag führen.
In dessen erster Phase, der Diastole, ziehen sich die beiden Vorhöfe nahezu zeitgleich zusammen, um die Herzkammern mit Blut zu füllen. In der zweiten Phase, der Systole, kontrahieren die Kammern und pumpen ihren Inhalt einmal in die Lungen- und einmal in die Körperarterie. Der Sinusknoten – der aus mehreren Schrittmacherzellen besteht – ist also der natürliche Schrittmacher des Herzens. Denn er gibt den Impuls zum Zusammenziehen des Herzmuskelgewebes. Diese Fähigkeit zur Eigenerregung ist auch der Grund, weshalb bei einem klinisch Toten das Herz noch für einige Zeit weiter schlägt.
Die Herzkranzgefäße
Auch Koronararterien oder Koronarien genannt, dienen die Herzkranzgefäße zur Blutversorgung des Herzmuskelgewebes. Stellt sich während einer akuten Belastungssituation ein Mehrbedarf ein, können sie kurzfristig bis zu fünfmal stärker durchblutet werden. Diese Steigerungsfähigkeit der Durchblutung heißt Koronarreserve. Der Herzmuskel ist in seiner Versorgung mit Blut voll und ganz auf seine Kranzgefäße angewiesen ist. Damit lässt sich gut nachvollziehen, weshalb er so empfindlich auf eine Einschränkung der Durchblutung reagiert. Dies ist beispielsweise bei der Verengung eines Herzkranzgefäßes der Fall.