Über Jahrzehnte ging zur Zöliakie-Diagnose bei Kindern nichts ohne Magenspiegelung. Darauf kann jedoch getrost verzichtet werden, zeigte eine große Studie.
Bei einer Zöliakie reagiert das Immunsystem überempfindlich auf das Getreideeiweiß Gluten. Dieses ist in vielen Getreidesorten enthalten, so unter anderem in Weizen, Roggen und Gerste. Die abnorm starke Abwehrreaktion führt zu Entzündungen an der Schleimhaut des Dünndarms. Vermutlich handelt es sich bei Zöliakie um eine Autoimmunerkrankung: Dabei greift das Immunsystem fälschlicherweise körpereigenes Gewebe an.
Spurensuche im Blut und mit Endoskop
Rund ein Prozent der Kinder und Jugendlichen in Europa leiden unter einer Zöliakie, häufig beginnt diese bereits im Kleinkindalter. Zur Diagnosestellung erfolgt eine Blutuntersuchung auf Zöliakie-Auto-Antikörper. Das sind von Immunzellen gebildete Abwehrstoffe, die sich gegen das eigene Gewebe richten und eine Entzündung im Darm auslösen können. Sind deren Konzentrationen im Blut erhöht, ist es sehr wahrscheinlich, dass eine Zöliakie besteht. Um diesen Verdacht zu bestätigen, die Diagnose also zu sichern, wird eine Magenspiegelung durchgeführt. Bei dieser endoskopischen Untersuchung werden auch Gewebeproben aus dem oberen Dünndarm entnommen. Anhand dieser sogenannten Biopsien lassen sich Schäden an der Innenwand des Darms nachweisen.
Zweifel zur Sicherheit beseitigt
Seit einigen Jahren mehren sich die Hinweise, dass bei Kindern zur Zöliakie-Diagnose auf die Entnahmen von Darmgewebe und damit auf die Magenspiegelung verzichtet werden könnte. Nämlich dann, wenn die Zahl der Zöliakie-Auto-Antikörper im Blut erhöht ist und zudem folgende Kriterien erfüllt sind: Es bestehen spezifische Beschwerden wie etwa starke Durchfälle und Bauchkrämpfe, und es wurden weitere charakteristische Auto-Antikörper sowie genetische Risikomarker nachgewiesen. Darüber, wie sicher diese Kriterien allerdings wirklich sind, herrschte lange Unklarheit. Eine große internationale Studie unter Leitung des Haunerschen Kinderspitals des Klinikums der Ludwig-Maximilians-Universität München konnte diese Zweifel jetzt aus der Welt schaffen.
Zuverlässige Zöliakie-Diagnose möglich
Auf dem Prüfstand der klinischen Praxis offenbarte sich: In Verbindung mit erhöhten Konzentrationen der Zöliakie-Auto-Antikörper erlauben die Kriterien eine zuverlässige Aussage über den Befund. Die Ergebnisse der Münchener Wissenschaftler belegen damit eindeutig, dass auch anhand spezifischer Beschwerden und Bluttests mit deutlichen Ergebnissen eine zuverlässige Diagnose gestellt werden kann. Der Verzicht auf die Magenspiegelung mit Gewebeentnahme bringt nicht nur für kleine Patienten und deren Eltern Vorteile mit sich. Er geht auch mit erheblichen Kosteneinsparungen im Gesundheitssystem einher.
Die berechtigte Frage, ob nicht auch bei Erwachsenen der Blick in den Magen zur Zöliakie-Diagnose wegfallen kann, klären derzeit weitere Studien.
*Werkstetter K. J. Et al. Accuracy in Diagnosis of Celiac Disease Without Biopsies in Clinical Practice
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