Viele Herzpatienten fragen sich, ob sie trotz ihrer Erkrankung überhaupt noch Sex haben dürfen und was sie dabei beachten müssen.
Petite mort, der „kleine Tod“, nennen ihn die Franzosen. Die Befürchtung, dass er tatsächlich ihr Tod sein kann, ist unter Herzpatienten weit verbreitet: der sexuelle Höhepunkt erscheint vielen als großes Risiko. Was vielen die Lust an der Lust zusätzlich verdirbt, sind die Herzattacken, mit denen eine weltweit bekannte Potenzpille traurige Schlagzeilen machte. Aufklärung tut not, um die unbegründete Angst vor dem „Liebestod“ zu verringern. Denn die Risiken sind wesentlich geringer als weithin vermutet.
Sex in Gefahr …
Keine Frage: Herzerkrankungen sind eine Kampfansage an die Libido. Denn alle bekannten Risikofaktoren für diese Krankheiten leisten auch sexuellen Problemen Vorschub. Bei Männern ebenso wie bei Frauen. Darüber hinaus sehen sich Herzpatienten, zumal nach einem Infarkt und bei einer Herzschwäche, mit einem gravierenden Einschnitt in ihr bisheriges Leben konfrontiert. Die neue Situation wirkt sich zwangsläufig auch auf das intime Leben aus. Bei bis zu zwei Drittel der männlichen Patienten stellen sich nach dem Herzinfarkt Probleme mit der Libido ein. Deren Schwund ist keinesfalls temporär auf die Zeit der Rekonvaleszenz nach dem Klinikaufenthalt beschränkt, sondern anhaltend. Nur knapp ein Drittel der betroffenen Frauen sehen den Sex mit ihrem Partner als nicht beeinträchtigt an.
Was Adams Lust trübt
Das männliche Stehvermögen ins Wanken bringen Begleiterkrankungen von Herzkrankheiten wie Diabetes sowie Medikamente zur Senkung des Blutdrucks, insbesondere Betablocker. Was die Lenden jedoch am meisten erlahmen lässt, sind psychische Lasten, allen voran Depressionen und Angststörungen. Die Erfahrung der ermattenden Herzkraft oder gar des Stillstandes des Herzschlages lässt auch das Vertrauen in die sexuelle Potenz schwinden. Addieren sich dazu vorübergehende oder endgültige Berufsunfähigkeit wachsen die Gefühle des Versagens weiter. Der ideale Nährboden für Frust mit der Lust. Prekär. Denn ein erfülltes und befriedigendes Sexualleben fördert das durch die Krankheit angeschlagene Selbstvertrauen und gibt das gute Gefühl der wiederkehrenden Gesundheit. „Sexual healing“ mit erwünschten Nebenwirkungen, auch für die Partner.
Keine Sorge vor dem Liebestod
„Mit der Ehefrau nach sechs Wochen, mit der Geliebten nach sechs Monaten …“ So lautete einst die Antwort eines US-amerikanischen Kardiologen auf die Anfrage seines Infarktpatienten. Kein Bonmot, sondern wissenschaftlich fundiert. Schließlich werden Studien zu den verschiedensten Fragestellungen durchgeführt, glücklicherweise auch zu dieser praxisrelevanten. Heraus kam, dass nur ein Promille aller plötzlichen Herztode während des Sex eintrat. Diese seltenen Fälle stellten sich fast ausschließlich bei außerehelichem Verkehr ein. Das Risiko eines Reinfarktes oder einer tödlichen Komplikation liegt demnach in der psychisch belastenden Situation des Fremdgehens begründet. Zu berücksichtigen ist sicherlich auch, dass Seitensprünge – das liegt in der Natur der Sache mit einem noch ungewohnten Partner – körperlich anstrengender sind. Wie dieser Befund nun in der Praxis umzusetzen ist, bleibt jedem Patienten selbst überlassen …
Noch gut zu wissen
- Bequeme Positionen bevorzugen und anstrengende Stellungen vermeiden.
- Zeit für das Vorspiel nehmen.
- Nach ausgedehnten Freuden bei Tisch sollten jene zu Bett ein wenig warten. Das gleiche gilt auch nach ausgiebigem Alkoholgenuss.
- Weitere Gegenanzeigen sind Zeitdruck und Müdigkeit, doch das schmälert die Lust ja meist ohnehin.
- Wer plant, Medikamente gegen Impotenz einzunehmen, bespricht dies bitte in jedem Fall mit seinem Arzt.