Zu oft, zu lange oder zu hoch dosiert: Schmerzmittel können bereits bestehende Kopfschmerzen verstärken und in eine chronische Krankheit verwandeln.
Deutschlandweit sind mindestens eine halbe Million Menschen von Kopfschmerzen durch Übergebrauch von Schmerzmitteln betroffen. „Das Krankheitsbild ist häufiger bei Frauen, bei Patienten mit Depressionen, Angsterkrankungen oder anderen chronischen Schmerzen, wie Rückenschmerzen“, berichtet Prof. Hans-Christoph Diener, Essen, Kopfschmerzexperte der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN).
Kopfschmerzen vorbeugen und selbst behandeln
Wer häufig unter Kopfschmerzen leidet, sucht verständlicherweise Hilfe dagegen. Am einfachsten ist hier der Griff zur Tablette. Doch der ist vielfach gar nicht nötig und führt zudem schnell in einen Teufelskreis. Deshalb sollten Menschen mit häufigen Kopfschmerzen vorbeugend dagegen aktiv werden. Unkomplizierte Migräne oder Kopfschmerz vom Spannungstyp können Patienten darüber hinaus vielfach selbst behandeln – ohne Schmerzmittel. So helfen Ausdauersport, Entspannung und Stressmanagement, Kopfschmerzattacken vorzubeugen und zu behandeln. Auch Verhaltenstherapie hat sich zur Vorbeugung und Therapie als wirksam erwiesen.
Gezielte Aufklärung
Im englischen Sprachgebrauch wird chronischer Kopfschmerz durch Übergebrauch von Medikamenten als „Medication Overuse Headache“ (MOH) bezeichnet. „Die meisten Patienten ahnen gar nicht, dass Schmerztabletten die Schmerzursache sein können“, so Prof. Dr. Diener. Umso wichtiger ist es, dass Kopfschmerzspezialisten, Neurologen, Schmerztherapeuten, Schmerzpsychologen, Hausärzte und Apotheker über das Risiko aufklären und zu wirksamen Behandlungsalternativen beraten. Denn mit der richtigen Therapie kann den meisten Patienten geholfen werden: Ein Kopfschmerz durch Übergebrauch von Akutmedikamenten ist behandelbar und keine Sackgasse.
Neue Leitlinie
Wie das geht, zeigt die neue Leitlinie zur Behandlung des MOH. Sie empfiehlt ein dreistufiges Vorgehen bei der Therapie von Kopfschmerzen durch Übergebrauch von Schmerzmitteln. Die erste Maßnahme ist die Schulung und Beratung von Patienten, um die Einnahme von Akutmedikamenten zu reduzieren. Der zweite Schritt ist eine medikamentöse Vorbeugung der zugrunde liegenden Kopfschmerzerkrankung. Wirkt diese Therapie nicht, sollte als dritter Schritt eine Medikamentenpause angestrebt werden. Dieser Entzug kann ambulant, tagesklinisch oder stationär durchgeführt werden – je nach Verfassung des Patienten.