Laut Weltgesundheitsorganisation ist er die “Gesundheitsgefahr des 21. Jahrhunderts”: Doch was ist Stress? Und was macht ihn so gefährlich?
Auf die Frage nach dem Begriff “Stress” hat jeder sofort eine Antwort parat. Schließlich kennen wir ihn alle. Die Auswirkungen dieses Massenphänomens sind uns allseits vertraut, nicht jedoch sein Zustandekommen. Das hat seinen Grund: Stress wird bei jedem Menschen durch etwas anderes ausgelöst.
Frage der Wahrnehmung
Nicht das, was auf uns einwirkt, sondern wie wir damit umgehen, macht uns Stress. Mit anderen Worten ist Stress das Ergebnis dessen, wie Anforderungen gedanklich verarbeitet werden – unsere Reaktion auf äußere Umstände. Und die ist bei jedem anders: Was für den einen Alltagsroutine ist, bedeutet für einen anderen Stress. Entscheidend ist also, wie man die Situation selbst bewertet.
So lange man sich einer Situation gewachsen fühlt, ist alles gut. Sind Leistungen durch Erfolgserlebnisse und Anerkennung gekrönt, hat Stress durchaus sein Gutes und wird (von griechisch: eu, gut) “Eu-Stress” genannt. Ergeben sich beim Abgleich zwischen den gestellten Anforderungen und den persönlichen Möglichkeiten zu deren Bewältigung jedoch Lücken, entsteht negativer “Di-Stress” (von gr.: dys, schlecht). Je größer die Kluft zwischen Anforderung und Bewältigung, desto stärker ist dieser.
Stress hat zwei Seiten
Stress ist nicht per se schlecht. Ob Lebenselixier oder Gift, bestimmt was ihn auslöst und wie lange er anhält. Wird der Körper zum Beispiel durch einen Sprung in kaltes Wasser in Alarmbereitschaft versetzt, ist ihm dies nur von Nutzen. Denn die in Sekunden freigesetzten Stresshormone sorgen dafür, dass er dieser Situation gewachsen ist: Die Durchblutung wird angekurbelt, mehr Sauerstoff bereit gestellt. Ist alles überstanden, schaltet der Organismus wieder auf Normalzustand zurück: Die Stresshormone werden flugs abgebaut, Herz- und Atemfrequenz langsamer und der Blutdruck gesenkt.
Einerlei, ob ein körperlicher Reiz wie der rasche Temperaturwechsel durch das kalte Wasser oder ein emotionaler Reiz wie ein unerwarteter Telefonanruf für den Stress gesorgt hat – entscheidend ist, dass er vorübergehender Natur ist. Alles verkehrt sich jedoch ins Negative, wenn der Stresszustand beständig anhält. Dann kann, was die Evolution zum Schutz in akuten Gefahrensituationen entwickelt hat, selbst zur Gefahr werden. Denn dauerhafter Stress ist für unseren Organismus ausgesprochen schlecht zu verkraften.
Dauerstress – schädlich in jeder Hinsicht
Anhaltender Stress macht dem Körper auf allen Ebenen zu schaffen. Der Grund hierfür liegt allen voran in den Botenstoffen, die der Körper dabei ausschüttet. Am Beginn dieser Reaktion steht der Hypothalamus, die Hirnregion ist die oberste Schaltzentrale im Hormonsystem. Er bringt den Stein ins Rollen, indem er den Corticotropin Releasing Factor (CRF) auf die Reise ins Blut schickt. Dieser bewirkt an der Hirnanhangsdrüse die Freisetzung des sogenannten Adrenokortikotropen Hormons. Der Stoff, aus dem der Stress ist: Denn er gibt der Nebenniere das Signal, die Bildung der Stresshormone Adrenalin, Noradrenalin und Kortisol anzukurbeln. Diese drei Botenstoffe befähigen uns, schnell und angemessen auf die Situation zu reagieren. Steht der Hypothalamus jedoch unter Daueralarm, werden sie auch dauerhaft ausgeschüttet – und führen den Körper langsam – aber sicher – in die totale Erschöpfung und zugleich in zahlreiche Krankheiten.
Das schädliche Treiben der Stresshormone:
- Durch die Überdosen an Stresshormonen steigt die Herzfrequenz und in Folge der Blutdruck. Ebenso erhöht sich der Sauerstoffbedarf des Herzens.
- Viel Kortisol (ver)führt den Stoffwechsel dazu, mehr freie Fettsäuren zu bilden, als der Körper benötigt. Diesen Überschuss verwandelt die Leber in Lipoproteine (z.B. Cholesterin). Das sind Fettstoffe, die sie in den Blutkreislauf abgibt. Die Konzentration der Blutfette erhöht sich und damit das Risiko für Herzkrankheiten, besonders für Arteriosklerose.
- Der Salz- und Wasserhaushalt wird durch die hohen Kortisolspiegel aus dem Gleichgewicht gebracht, was zur Erhöhung des Blutdrucks führt.
- Schäden an den Gefäßwänden heilen schlechter, was der Anlagerung von Plaques und somit der Gefäßverkalkung (Arteriosklerose) Vorschub leistet.
- In hohen Dosen schwächt Kortisol auf Dauer das Immunsystem.
- Erhöhte Blutspiegel von Adrenalin und Noradrenalin fördern die Neigung der Blutplättchen (Thrombozyten) zur Verklumpung. Diese Aggregation, wie sie medizinisch heißt, erhöht das Risiko für Thrombosen und somit das Risiko für Herzinfarkte sowie Schlaganfälle.
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